haruki murakami und ich

Friday, May 12, 2006

Artikel 5

„Der Ethnograph ist immer auch der Ethnographierte.“
[http://moodle.lkm.uni-konstanz.de/course/view.php?id=58 Fr, 12. Mai 2006], hat der Chef selbst gesagt. Und so werde ich nun auch den einen oder anderen Ethnographen ethnographieren. Oder besser gesagt, der eine oder andere Ethnograph (wobei hier die Vermutung nahe liegt, dass es sich um Ethnographinnen handelt - warum, werde ich an späterer Stelle noch erläutern) war meine Inspiration für diesen Eintrag.

Eines der gängigen Themen über welche in den blogs geschrieben wird ist, das Thema "Essen". Mich selbst nicht ausgeschlossen, haben wir ja nun alle einmal erläutert, ob wir bereits Sushi gegessen haben, ob wir Fisch mögen, und wenn nicht, warum nicht...

Was mich diesbezüglich allerdings zum Nachdenken anregte, war das häufige Heranziehen des Themas "Gewicht". Daher auch die Vermutung, dass es sich um Ethnographinnen handle. Dieses Fazit basiert natürlich lediglich auf Klischees und folgt in keinerlei Weise logischen Schlussfolgerungen. Doch da ich mich an dieser Stelle auch nicht dazu verpflichtet fühle dies zu belegen, verweise ich auf
folgende Homepage
um zu untermauern, dass diese These sicherlich haltbar ist.

Denn was ich eigentlich sagen wollte ist:
IHR SEID SOWIESO ALLE ZU FETT!
Und dies werde ich nun auch zu belegen versuchen.

Als ich einer Freundin, welche als Stewardess, äh, Flugbegleiterin arbeitet, von meiner Japansuche erzählte, lieh diese mir sofort einige Comic-Hefte und Magazine aus Japan. (Danke, Franka!) Unter anderem ein TV-Magazin,
[Literaturangabe entzieht sich, auf Grund mangelnder Japanisch- Kenntnisse, leider meiner Möglichkeiten] in welchem mir die folgende Werbeanzeige auffiel:

Ich weiß, es wird nun schwer zu glauben sein, doch diese glückliche und hübsche Japanerin, litt ehemals an einer besonders schweren Form von Adipositas: Bei einer Größe von 163 cm brachte dieses, mittlerweile zierliche, Exemplar einer Japanerin stolze 52,8 kg auf die Waage. Doch dank des "in-drei-Schritten-zum-Traumgewicht-Präperats" schaffte sie es 4,5 kg abzunehmen. Da beglückwünsche ich sie doch erst einmal ganz herzlich und frage mich dann, wie sie das bloß geschafft hat?

Leider kann ich diese Frage nicht beantworten, denn bei meinen Recherchen auf der angegebenen Internetpräsenz des "in-drei-Schritten-zum-Traumgewicht-Präperats" ,
war der einzige für mich lesbare Satz: "Three Powers Make You Slim & Healthy".

Schlank und gesund also. Schlank ja, das glaube ich gerne - Doch gesund?

Um auszurechnen welches Gewicht gesund ist gibt es eine registrative Kennzahl: Den Körpermasseindex (oft auch BMI, kurz für Body Mass Index, genannt). Dieser Körpermassindex errechnet sich aus dem Körperewicht, geteilt durch die Körpergröße im Quadrat. Das Ergebnis dieser Rechnung sollte im Normalfall zwischen 20 und 25 liegen. Der "ideale" BMI für Frauen zwischen 18 und 24 Jahren liegt bei der Zahl 22.

[Alle Informationen über den Körpermassindex und das Idealgewicht stammen von der Homepage der Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)]

Mache ich bei der hübschen Japanerin eine Probe aufs Exempel. 52,8 (kg) / 1,63² (m) = ~18,87 (BMI)
Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung liegt ein Wert von 18,87 bei "Normalgewicht", hin zu "Untergewicht". Aber alles noch im grünen Bereich. Und wie schaut das bei der hübschen Japanerin nach der Überwindung ihrer angeblichen Fettleibigkeit aus?
48,3 (kg) / 1,63² (m) = ~18,18 (BMI)
Eindeutig "Untergewicht", hin zu "ausgeprägtes Untergewicht" - sagt zu mindest die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

So mag die eine oder andere Ethnographin, nach japanischem Vorbild, vermutlich zu dick sein. Im Gegenzug dazu allerdings wird sie, nach den Vorstellungen des Bundesministeriums für gesundheitliche Aufklärung, wahrscheinlich gesund sein.

Also schlank hin oder her, ich kann überhaupt nicht verstehen, wie irgendein Magazin diese Vorstellungen eines offensichtlich falschen Schönheitsideals abdrucken kann? Wen wundert es da noch, wenn immer mehr Mädchen an Essstörungen leiden? (Oh, wie herrlich naiv von mir, moralische Überlegung vor solche ökonomischer Natur zu stellen.)

Meine Jura-im-Nebenfach-Kenntnisse reichen dahingehend jedenfalls nicht aus, als dass ich sagen könnte, ob es denn in Deutschland eine Möglichkeit gäbe, gegen eine solche Anzeige zu intervenieren? Immerhin haben wir ja Artikel 5 des Grundgesetzes und immerhin handelt es sich hierbei ja nicht um eine Karikatur. Die Realität lehrt uns ja auch, dass es nicht nur in Japan solcherlei Anzeigen gibt.

In Japan allerdings scheinen Essstörungen ein großes, aber wenig beachtetes, Problem zu sein. Die Anzahl der an Esstörung leidenden Japanerinnen verachtfachte sich in den letzten zwanzig Jahren annähernd. Bei einer Studie unter 1409 Japanischen High-School Schülerinnen kam zum Vorschein, dass 13% eines Abschlussjahrgangs an "ausgeprägtem Untergewicht" litten. Doch bloß bei 0,6% dieser, wurde ein solche Krankheit auch von einem Arzt diagnostiziert. Bedenkt man, dass rund 10% aller Anorexiekranken in Japan auch an dieser Krankheit sterben, so erstaunt es noch viel mehr, dass diese Krankheit in Japan zwar bereits seit mehr als 30 Jahren bekannt ist, der erste "Fall" welcher Furore machte allerdings der, der bekannten japanischen Schauspielerin Rie Miyazawa war - welche sich im Jahre 1996 erstmals öffentlich dazu bekannte an "annorexia nervosa" zu leiden.

[Alle Informationen über Esstörungen in Japan stammen von der Homepage des U.S. National Institutes of Health und des National Center for Biotechnology Information (NCBI) in der National Library of Medicine (NLM), sowie von der Homepage des Japanese Institute of Global Communication ]

Wie war das in der Einführung Medien doch gleich? Diskurse lassen Medien entstehen - und Medien wiederrum formieren Diskurse. Ein Teufelskreis sozusagen. Und immer wieder schöne, glückliche, junge Japanerinnen auf Magazinseiten und immer wieder "schöne", "glückliche", junge Japanerinnen auf Tokyos Straßen...

Doch die Ursache einer solchen Zunahme von verkorksten Schönheitsidealen und essgestörten Jugendlichen könnte natürlich auch ganz woanders liegen. Ein These zum Beispiel ist, dass "the increase is linked to the spread of Western eating habits, fashions, trends and the so called "slim is beautiful" concept". [J. Sean Curtin: Youth Trends in Japan: Part Four – Anorexia and other Teenage Eating Disorders on the Rise in Social Trends Nr. 46. July 1, 2003] Armes Japan.

*[Bildquelle: http://metropolis.japantoday.com/biginjapanarchive299/251/pics/RieMiyazawa.jpg ; 12.Mai. 2006]

1 Comments:

At 1:56 PM PDT, Blogger Julia said...

*grinst* Zurecht!

 

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