haruki murakami und ich

Monday, June 12, 2006

False Friends

Japan erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Nein, dies wäre falsch: Japan war schon seit seiner "Entdeckung" durch die Portugiesen interessant für Europa, später natürlich auch für Amerika. Der Richtigkeit halber möchte ich jedoch anmerken: "Japan ist, wie japanische Historiker betonen, niemals 'entdeckt' worden. All die kühnen Segler, die ein Land sagenhaften Reichtums noch jenseits von China suchten, haben Japan verfehlt. Die ersten Europäer, die japanischen Boden betraten, waren drei portugiesische Seeleute die nach Untergang ihres eigenen Schiffs an Bord einer chinesischen Dschunke von Seeräubern gejagt und von einem Sturm verschlagen ihre Zuflucht zur nächstbesten Küste nahmen." [Dietrich Krusche. Japan- konkrete Fremde. Kritik der Modalitäten europäischer Erfahrung von Fremde, S. 16 München 1972] So, oder so ähnlich kennen wir das ja aus Shogun... (Auch wenn Shogun natürlich nicht die "Entdeckung" Japans zu Grunde liegt.)

Seit Europa-Amerika Japan für sich entdeckt hat, ist es fasziniert von diesem. Denn Japan ist, als Beispiel "exemplarischer Fremde" "monströs", "nicht zu übersetzen" - irgendwie faszinierend. Man kann es nicht verstehen, da man auf der Suche nach einer letzten Instanz von Wahrheit und Erkenntnis feststellen muss, dass dieser Kern gar nicht existiert, es "innen leer" ist.

Also kommen wir eben dem bei, was wir verstehen - oder glauben zu verstehen. Dass wir dabei allzu oft falschen Fährten auf der Spur sind, stört dabei Niemanden. Bereiten wir heute also all den falschen Vorstellungen, Vermutungen, Antizipationen, Klischees über das Japan der westlichen Hemisphäre ein Ende.

Zurück zu Shogun: Für die Fans von Richard Chamberlain
und einer "der respektvollsten Annäherungen an die Traditionen japanischer Kultur" [Rezension auf Amazon] gibt es die Miniserie auch in der geschmackvoll anmutenden DVD-Box mit Bonusmaterial. Dieses Bonusmaterial besteht aus einem 13-teiligen Making-Of, als auch aus drei, etwa sechsminütigen Kurzfilmen, welche wahrscheinlich dabei helfen sollen, sich den Traditionen japanischer Kultur noch respektvoller anzunähern. Da gibt es einmal den Kurzfilm "Teezeremonie", dann den Kurzfilm "Geisha" und nicht zu letzt den Kurzfilm "Samurai". Mir fehlen, bei dieser exemplarischen Auswahl japanischer Kultur, allerdings die Kurzfilme "Origami Teil 1- Wie bastle ich mir meinen eigenen Vogel", als auch "Origami für Fortgeschrittene - Wie bastle ich mir meinen eigenen Kapitän John Blackthorne". Auch fände ich, dass ein Kurzfilm "Ikebana der Sengoku-Zeit" für eine "respektvolle Annäherung an die Traditionen japanischer Kultur" sehr hilfreich gewesen wäre.
Dazu möchte ich zitieren, dass es nicht leicht fällt "zu sagen, was denn die japanische Kultur oder die japanische Tradition ausmacht: Die Ansiedlung der japanischen Kultur in der Teezeremonie, im Blumenstecken oder im Noh- und Kabuki-Theater ist für die Klärung dieser Frage jedoch nicht hinreichend". [Aoki Tamotsu. Der Japandiskurs im historischen Wandel - Zur Kultur und Identität einer Nation, S.15. München 1996]
Dies wissen die Damen und Herren von Paramount vielleicht nicht?

Doch nicht nur die Damen und Herren von Paramount unterliegen Irrtümern: Ein Freund von mir, den ich hier in keinster Weise öffentlich anprangern möchte, besitzt das Bild In the well of the great wave of Kanagawa von Hokusai als Posterdruck. Ich kommentierte diese Tatsache damit, dass ich es erstaunlich fände, dass dieses Hokusai-Werk aussähe als sei es direkt aus einem Comic entsprungen, obwohl es doch schon ein älteres Modell sei. Da schaute dieser Freund mich erstaunt an und offenbarte mir, dass er immer dachte, dieses Bild sei einem Comic entsprungen und Hokusai sei der Name der Welle gewesen, so wie
Tsunami eben auch ein Name für eine Welle sei.
Nun sei ihm verziehen, schließlich würde ich das Wissen um dieses Bild von Katsushika Hokusai nicht zwangsläufig dem breiten Spektrum "Allgemeinwissen" zuordnen.
Außerdem hat er ja mit der Comic Analogie gar nicht so unrecht, schließlich ist Hokusai so etwas wie der Urvater des japanischen Comics: Indem er als erster den Begriff Manga* für seine Bilder gebrauchte.
Nicht zu verzeihen allerdings ist, dass ich auf der
Suche nach diesem Bild im Internet immer wieder darauf stieß, dass man den im 18. Jahrhundert geborenen Hokusai als modernen chinesischen Künstler kategorisierte. Ich fand The well of the great wave of Kanagawa sogar Rene Magritte zugeschrieben.

Nun machen aber nicht nur Kunst-im-Internet-Portale und Produktionsfirmen Fehler, auch Kulturanthropologen tun dies: So schreibt Ruth Benedict in ihrem Buch The Chrysanthemum and the Sword. Patterns of Japanese Culture besispielsweise, dass die Japaner sehr früh zu Bett gingen und dass es keine andere asiatische Kultur gäbe, in der die Menschen so früh schlafen gingen. Ich fragte mich, was dies denn für eine Aussage sei? Welchen Zweck, außer dem Amusement des Lesers, sowie einer Darstellung "exemplarischer Fremde", diese Aussage denn habe? Suchte verzweifelt nach logischen Begründungen - Leider Fehlanzeige. [Ruth Benedict. The Chrysanthemum and the Sword. Patterns of Japanese Culture. Rutland 1997]
Als ausgesprochen amüsant empfand ich allerdings die Tatsache, dass Ruth Benedict dieses Buch im Auftrag des Amerikanischen Militärs, für den Fall einer Besetzung Japans durch die Amerikaner, bereits im Jahre 1944 schrieb - ohne je einmal selbst in Japan gewesen zu sein. Sie tat für ihre Recherche nichts Anderes als das, was auch wir tun: Japanische Filme schauen, Japanische Bücher lesen, Japanische Musik hören, einfach alles, was auch nur im entferntesten mit Japan zu tun hat, einsaugen. So sei ihr die ein oder andere Ungenauigkeit nicht allzu übel zu nehmen... [Informationen über die Entstehung des Buches von Wikipedia UK]

Abschließend möchte ich zu Christoph Neumann noch sagen, dass sein eher mittelmäßiger Erfolg bei Japanischen Frauen nicht zwangsläufig an den Japanerinnen liegen muss;-)

Und was ich sowieso schon immer mal sagen wollte: Weder Furbys noch Jackie Chan stammen aus Japan - Furbys sind eine US-Amerikanische Erfindung und Jackie Chan stammt aus Hongkong. Des Weiteren gibt es keinen H&M in Japan!

*manga: zwangloses/ungezügeltes Bild



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