Land in Sicht? - Der letzte Beitrag
„Verschwende ich Zeit und Energie an ein sinnloses Unterfangen? [...] Sollte ich meine fruchtlosen Bemühungen nicht lieber aufgeben und mich einfach dem natürlichen Fluss der Dinge überlassen?“ [1] Vor allem aber, wie fruchtlos (oder wie fruchtbar) war dieses Unterfangen: Japan finden?
Sämtliche Medieneinführungen lehren uns, dass Denken in Binaritäten falsch sei; Doch zum Suchen gehört auch Finden. Was bringt Suchen ohne Finden?
Habermas’ Aussage: „Eine Interpretation kann die Sache nur in dem Verhältnis durchdringen, in dem der Interpret diese Sache und zugleich sich selbst als Momente des beide gleichermaßen umfassenden und ermöglichenden objektiven Zusammenhangs reflektiert“ [2], kann ich bezüglich des „objektiven Zusammenhangs“ nicht unterschreiben. Diesen Zusammenhang kann es, insofern man seine eigene Kognition mit in eine Interpretation einfließen lässt, niemals geben. Wahrscheinlicher ist sogar, dass es diesen „objektiven Zusammenhang“ - die eine Wahrheit, Realität - überhaupt gar nicht geben kann, und dass das, was wir für einen „objektiven Zusammenhang“ halten, lediglich fiktionale, konventionalisierte Konstruktion einer Kultur ist.
Als sehr hilfreich hingegen empfand ich die Reflexion des Selbst in der Auseinandersetzung mit dem Fremden, dem Konstrukt Japan. Dass das Selbst manches Mal kapituliert vor diesem selbst geschaffenen, nicht genau zu definierenden Konstrukt Japan, ist vielleicht eine mögliche Konsequenz dessen.
Roland Barthes formuliert, dass Kultur ein Netz aus Intertextualität sei, dass alle Texte immer auf andere Texte referierten und ihre Referentialität niemals in einer letztgültigen Realität verankert sei. [3] Mir stellt sich die Frage nach dem ursprünglichen Text, dieser müsste ja dann in einer letztgültigen Realität verankert sein. Aber wie kann ich die Frage danach stellen, wenn ich selbst einen „objektiven Zusammenhang“ leugne? Kein Anfang und kein Ende, keine „letztgültige Realität“ in Abgrenzung zu 'cyberfiktionalen' Räumen, kein Denken in Binaritäten. Es wäre wie die Frage nach der Henne oder dem Ei.
Mein Konstrukt (Text) Japan ist nicht nur reduziert auf die Referenz - der Texte, die ich über Japan gelesen/gehört/gesehen habe und auf meinen eigenen kulturellen Text. Es ist genau diese endlose, sich ständig verändernde, gleichzeitige Verbindung zwischen den Referenzen – eine Realität Japan - ebenso wie ein Konstrukt Japan.
Ich habe keine Ahnung, was ich gefunden habe. Suchen und Finden stehen nicht zwangsläufig in einem binären Verhältnis. Es ist zwar kein „sinnloses Unterfangen“, doch bleibe ich skeptisch.
[2] Jürgen Habermas. Erkenntnis und Interesse. S. 227. Frankfurt 1968
[3] Roland Barthes. Am Nullpunkt der Literatur. Hamburg 1959

